Durch die Beurteilung von Leistungen in Form von Noten werden Kinder früh an das Prinzip der Leistungsorientierung herangeführt. Schüler/innen werden anhand ihrer Noten verglichen und vergleichen sich auch selbst mit anderen. Schüler/innen mit schlechteren Noten werden so mit ihrer geringeren Leistungsfähigkeit konfrontiert. Es kann bei ihnen zum sogenannten „Degagement“ kommen: Sie sehen sich schließlich auch selbst als schlechte Schüler/innen, verlieren ihre Leistungsmotivation und nehmen Schaden an ihrem Selbstkonzept.
A
Im ungünstigsten Falle lernen Schüler/innen, dass sich angepasstes Sozialverhalten auszahlt – nämlich dann, wenn sozial angepasste Schüler/innen bei gleicher Leistung bessere Noten bekommen als weniger angepasste Schüler/innen. Als Empfänger von Noten und Zeugnissen machen Kinder auch erste Erfahrungen mit Bürokratie: Sie werden allgemeinen formalen Kriterien unterworfen, die keine Rücksicht auf ihre individuelle Persönlichkeit nehmen. Und sie erleben, dass es im Zweifelsfall auf ein amtliches Dokument wie ein Zeugnis ankommt und nicht darauf, was man wirklich kann.