Funktionen von Noten

Noten erfüllen viele Funktionen, die nicht nur für den Unterricht und Schüler/innen und Lehrkräfte relevant sind, sondern auch gesellschaftliche Bedarfe und Einflüsse wiederspiegeln. Teilweise überlappen, teilweise widersprechen sich die einzelnen Funktionen. Während in der Schule der Fokus eher auf dem Leistungsstand und der Leistungsentwicklung jedes Kindes oder Jugendlichen liegt, sind in den politischen, gesellschaftlichen und schulorganisatorischen Bereichen eher einfach zu vergleichende Kennzahlen gefragt.
Noten werden dazu genutzt, Personen für Bildungslaufbahnen, Studienplätze oder berufliche Positionen auszuwählen. Selektion aufgrund von Noten bringt allerdings einige Probleme mit sich.
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Beispielsweise muss hinterfragt werden, ob und wie gut Noten spätere Erfolge in Ausbildung oder Beruf vorhersagen können. Die Selektion aufgrund von Noten ist eher prognostisch als bewährungsabhängig. In Deutschland werden Kinder z.B. relativ früh verschiedenen weiterführenden Schulen zugeordnet.
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Noten spielen dabei eine wichtige Rolle. Doch gerade bei jüngeren Kindern ist das Leistungsbild manchmal unklar und Leistungen sind noch nicht stabil. Dies erschwert die Leistungsbeurteilung und schränkt die Vorhersagekraft von Noten für die weitere Entwicklung ein.
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Zudem ist die Selektion für eine bestimmte Schulform manchmal mit einer Stigmatisierung verbunden. Fehler in der Zuordnung zu bestimmten Schulformen sind oft nur mit großem Aufwand zu korrigieren, insbesondere wenn es um den Wechsel in eine höhere Schulform geht.
Durch die Beurteilung von Leistungen in Form von Noten werden Kinder früh an das Prinzip der Leistungsorientierung herangeführt. Schüler/innen werden anhand ihrer Noten verglichen und vergleichen sich auch selbst mit anderen. Schüler/innen mit schlechteren Noten werden so mit ihrer geringeren Leistungsfähigkeit konfrontiert. Es kann bei ihnen zum sogenannten „Degagement“ kommen: Sie sehen sich schließlich auch selbst als schlechte Schüler/innen, verlieren ihre Leistungsmotivation und nehmen Schaden an ihrem Selbstkonzept.
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Im ungünstigsten Falle lernen Schüler/innen, dass sich angepasstes Sozialverhalten auszahlt – nämlich dann, wenn sozial angepasste Schüler/innen bei gleicher Leistung bessere Noten bekommen als weniger angepasste Schüler/innen. Als Empfänger von Noten und Zeugnissen machen Kinder auch erste Erfahrungen mit Bürokratie: Sie werden allgemeinen formalen Kriterien unterworfen, die keine Rücksicht auf ihre individuelle Persönlichkeit nehmen. Und sie erleben, dass es im Zweifelsfall auf ein amtliches Dokument wie ein Zeugnis ankommt und nicht darauf, was man wirklich kann.
Noten werden oft zur Rechtfertigung von politischen, administrativen und unterrichtlichen Entscheidungen verwendet. Sie eignen sich besonders gut dafür, weil sie durch ihren Zahlencharakter objektiv wirken und einen leicht zu verstehenden und zu verrechnenden Maßstab darstellen.
Lehrkräfte, Lehrpläne, Schulen, Schularten oder -systeme können über die Notenvergabe kontrolliert werden. Daraus entsteht häufig ein widersprüchliches Verhältnis zwischen dem Notenniveau und der angenommenen pädagogischen Qualität.
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So gelten gute oder sehr gute Noten als Indiz für erfolgreiches Lernen und Lehren. Andererseits sind schlechte Noten ein Zeichen für ein hohes Anforderungsniveau. Sowohl ein überdurchschnittlich guter als auch ein unterdurchschnittlich schlechter Notenschnitt können zu Untersuchungen der Lehrqualität führen. Dies ist einer der Gründe dafür, dass extrem gute oder schlechte Noten seltener vergeben werden.
Aus Zeugnissen und Noten werden Erwartungen über zukünftige Leistungen und Lernfortschritte abgeleitet. Dies gilt zunächst für die Schüler/innen selbst. Aktuelle Noten können als Hinweis auf zukünftige Erfolge verstanden werden und somit Auswirkungen auf ihr Lernverhalten haben.
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Weiterhin gilt dies für Lehrkräfte und Eltern, aber auch für gesellschaftliche Institutionen und Organisationen. Aus der Verarbeitung von Schulnoten ergeben sich beispielsweise gesellschaftliche und wirtschaftliche Planungsdaten.
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Die Einschätzung des verfügbaren Potenzials an Begabungen in bestimmten Arbeitsfeldern und die daraus resultierenden Konsequenzen für die Bildungspolitik und den Arbeitsmarkt werden auch aus Schulnoten abgeleitet.
Noten geben sowohl den Schüler/innen selbst, ihren Erziehungsberechtigten, den Lehrkräften aufnehmender Klassen und Schulen oder potenziellen Arbeitgebern Anhaltspunkte über den jeweiligen Leistungsstand. Sie können zudem im zeitlichen Verlauf über die Leistungsentwicklung einer Schülerin oder eines Schülers informieren.
Mittels Noten kann Schüler/innen verdeutlicht werden, dass eine hohe Lernbereitschaft für den schulischen Erfolg entscheidend ist. Es sollte jedoch davon abgesehen werden, Prüfungen zum Zweck der Disziplinierung besonders schwer zu gestalten und äußerst streng zu bewerten. Schüler/innen sollten vor allem niemals absichtlich in Misserfolge geführt werden. Disziplinierung über Noten darf keine Unterdrückungsmaßnahme darstellen, bei der die Lehrkraft ihre Autorität ausnutzt.
Noten können der Lehrkraft einen Überblick über den Lernstand einzelner Schüler/innen und der gesamten Klasse geben, der dann zur weiteren Lernberatung und Unterrichtsplanung genutzt wird.
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Diese Lerndiagnose geht mit einer Prognose einher: Im Anschluss an die Diagnose des Lernstandes werden unterrichtliche Maßnahmen festgelegt,  von denen angenommen wird, dass sie zum Lernerfolg führen. Lerndiagnosen können zu Beginn und am Ende größerer Einheiten sowie unterrichtsbegleitend erfolgen (s.a. Förderdiagnostik).
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Die Lehrdiagnose dient der Qualitätsüberprüfung des eigenen Unterrichts, also des eigenen Lehrverhaltens. Fehler in einer Prüfung sind nicht allein den Schüler/innen zuzuschreiben, sondern können auch auf eine suboptimale Gestaltung des Unterrichts oder der Prüfung durch die Lehrkraft hinweisen. Entsprechendes gilt für Prüfungserfolge.
Leistungsrückmeldungen und Noten werden pädagogisch dazu genutzt, Schüler/innen zu einem autonomen Lernverhalten anzuleiten, damit sie ihr Lernen selbst steuern und Verantwortung dafür übernehmen können.
Schüler/innen setzen sich mit Kriterien der Leistungsbeurteilung auseinander, sie lernen, ihre erbrachten Leistungen selbst zu beurteilen und sich selbst Lernziele zu setzen, um so ihren weiteren Bildungsweg besser mit gestalten zu können.